Das war die Bonner Republik: Aktuelle Forschungsperspektiven 75 Jahre nach ihrer Gründung

Das war die Bonner Republik: Aktuelle Forschungsperspektiven 75 Jahre nach ihrer Gründung

Veranstalter
Prof. Dr. Friedrich Kießling, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) Prof. Dr. Christine Krüger, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)
Veranstaltungsort
Tagung: Festsaal der Universität Bonn, Podiumsdiskussion: Bundesrat Bonn, Platz der Vereinten Nationen
Gefördert durch
Friedrich-Ebert-Stiftung, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Zentrum für die historischen Grundlagen der Gegenwart
PLZ
53113
Ort
Bonn
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
09.04.2024 - 10.04.2024
Deadline
02.04.2024
Von
Julian Rieker, Abteilung für Geschichte der Neuzeit, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Eine Tagung der Lehrstühle für Neuere und Neueste Geschichte der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Bonn, 9./10. April 2024.

Das war die Bonner Republik: Aktuelle Forschungsperspektiven 75 Jahre nach ihrer Gründung

Im Mai 2024 jährt sich die Gründung der Bundesrepublik zum 75. Mal. Dass es gelungen ist, nach dem Zivilisationsbruch der nationalsozialistischen Diktatur eine stabile Demokratie zu errichten, die seit einem Dreivierteljahrhundert Bestand hat, lässt sich als Anlass zum Feiern betrachten. Doch düstere Gegenwartsanalysen ebenso wie entsprechend pessimistische Zukunftsprognosen trüben die Feierstimmung: Der hohe Grad gesellschaftlicher Polarisierung, die wachsende Anziehungskraft rechtsextremer Positionen, die verbreitete Distanz dem europäischen Einigungsprozess gegenüber, die Angst vor der Globalisierung sowie schließlich Uneinigkeit und offenbare Hilflosigkeit angesichts der Klimakrise mahnen eine kritische historische Rückschau an. Neue Fragehorizonte eröffnen sich, die neue Antworten darauf geben werden, wie die Geschichte der Bundesrepublik zu historisieren ist. Wurden etwa die letzten beiden Dekaden der Bonner Republik noch vor wenigen Jahren in der historischen Forschung vielfach als „Vorgeschichte“ oder „Anfang der Gegenwart“ bezeichnet, lässt sich inzwischen bereits wieder in Frage stellen, ob und inwiefern ein solcher Bogen sich noch schlagen lässt.

Im Zentrum der Tagung sollen die rund vier Jahrzehnte der Bonner Republik stehen. Fünf Zugänge werden gewählt, die besonders gut dazu geeignet erscheinen, zu neuen historischen Einordnungen dieser Zeit zu gelangen. Dabei wird gezielt immer wieder eine Perspektive eingenommen, die sich von den Problemen und Herausforderungen der Gegenwart leiten lässt. Die Historiographie zur Bundesrepublik der letzten Jahre hat aus einer solchen Perspektive heraus zahlreiche neue Forschungsfragen und -ansätze entwickelt und damit neues Licht auf die Geschichte der Bundesrepublik geworfen. In einem ersten Zugang stehen die Demokratiekonzepte sowie die demokratische Praxis der Adenauerjahre im Zentrum. Vor dem Hintergrund aktueller Forschungsergebnisse, aber auch der anhaltenden Debatte über die „Krise der Demokratie“, soll gefragt werden, inwieweit der Begriff der „Kanzlerdemokratie“ auch noch heute für die Zeit der frühen Bundesrepublik trägt. Zweitens werden die historischen Selbstverortungen der Zeitgenossen in Geschichtspolitik und Erinnerungskultur analysiert. Auch hier spielt eine Gegenwartsanalyse mit hinein, wenn etwa Aleida Assmann vom „neuen Unbehagen an der Erinnerungskultur“ spricht und die Wahlerfolge der extremen Rechten auch die Frage aufkommen lassen, wie es kommen kann, dass lange als gesichert geltende Lehren aus der Vergangenheit zunehmend in Frage gestellt werden. Drittens wird die Bundesrepublik im trans- und internationalen Kontext in den Blick genommen, bevor viertens mit der Perspektive der Umwelt- und Energiegeschichte eine Frage aufgeworfen wird, die bereits die bundesdeutsche Gesellschaft selbst, spätestens seit den frühen 1970er Jahren, stark beschäftigte. Schließlich sollen in einem fünften Zugang mithilfe von drei Vergleichen mit westeuropäischen Gesellschaften bzw. der DDR die Konturen über den rein westdeutschen Blick hinaus geschärft werden. Die Tagungspanels richten sich nach jeweils einer dieser Perspektiven aus, lassen aber auch das Zusammenspiel mit den anderen Perspektiven zu und profitieren von diesen.

Folgenden übergeordneten Leitfragen möchten wir entsprechend der Orientierung am Wechselspiel von notwendiger Historisierung der alten Bundesrepublik auf der einen Seite und der Perspektivierung ihrer Geschichte anhand von Gegenwartsorientierungen auf der anderen besonders nachgehen. Ohne eine verbindliche Agenda darzustellen, sollen diese den einzelnen Vorträgen doch als Orientierungspunkte dienen: Wie lässt sich die Phase der Bonner Republik historisieren? Welche längerfristigen historischen Prägungen sind in ihr weiter zu erkennen? Wie prägt diese Phase die Berliner Republik aber eben auch bis in die Gegenwart hinein? Haben die multiplen Krisenwahrnehmungen der jüngsten Gegenwart unsere historische Einordnung der Bonner Republik verändert? Welche neuen Forschungsfragen haben sich in den letzten Jahren in den jeweiligen Feldern herauskristallisiert und wie verändern sie unser Bild von der Geschichte der Bundesrepublik insgesamt?

Programm

TAG 1, 9. April 2024 (Festsaal der Universität im Hauptgebäude)

10:00 – 10:30 Uhr Begrüßung und Einführung

10:30 – 13:00 Uhr Panel 1: Kanzlerdemokratie revisited
Prof. Dr. Klaus-Dietmar Henke (Technische Universität Dresden):
Mit aller Macht. Adenauers Grenzüberschreitung im Kampf gegen die SPD-Führung
Prof. Dr. Annette Weinke (Friedrich-Schiller-Universität Jena):
Demokraten im Wartestand? Die Bonner Republik und ihre Beamten
Prof. Dr. Fabio Wolkenstein (Universität Wien):
Die Selbstverständlichkeit eingeschränkter Demokratie
Prof. Dr. Sabine Mecking (Philipps-Universität Marburg):
Demokratie und Partizipation: Vom Protest zur Protestkultur

13:00-14:00 Uhr Mittagspause

14:00-16:30 Uhr Panel 2: Vergangenheiten
Prof. Dr. Bettina Brockmeyer (Justus-Liebig-Universität Gießen):
Amnesie - Aphasie? Zum Umgang mit der kolonialen Vergangenheit in der alten Bundesrepublik
Prof. Dr. Simone Derix (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg):
Der Umgang mit dem Nationalsozialismus in der Bonner Republik. Vergangenheit und Zukunft eines Forschungsgebiets
Prof. Dr. Alexander Gallus (Technische Universität Chemnitz):
„Weimar“ und die Sehnsucht nach der unabgegoltenen Revolution. Intellektuelle Erbschaften zwischen erster und zweiter deutscher Demokratie
Dr. Barbara Manthe (Universität Bielefeld):
Die Gegenwart als Vergangenheitsproblem? Der öffentliche Umgang mit dem Rechtsradikalismus in der alten Bundesrepublik

16:30-18:00 Uhr Imbiss/Umzug

18:00-20:00 Uhr Podiumsdiskussion: „Was bleibt von der Bonner Republik?“
Begrüßung und Einführung: Prof. Dr. Harald Biermann (Präsident der Stiftung Haus der Geschichte Bonn)
Diskussion:
Prof. Dr. Frank Bösch (Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam)
Dr. Barbara Hendricks (Bundesministerin a.D.)
Prof. Dr. Silke Mende (Universität Münster)
Dr. Nobert Röttgen (MdB, Bundesminister a.D.)
Moderation: Prof. Dr. Friedrich Kießling (Universität Bonn)
Ort: Plenarsaal des Bundesrates im ehemaligen Bundeshaus

Ab 20:00 Uhr Gemeinsames Abendessen

TAG 2, 10. April 2024

09:00-11:00 Uhr Panel 3: Die alte Bundesrepublik trans- und international
PD Dr. Maria Alexopoulou (Technische Universität Berlin/Universität Mannheim):
Die alte Bundesrepublik und die Migration. Versuch einer Standortbestimmung der unwilligen Einwanderungsgesellschaft
Prof. Dr. Hubertus Büschel (Universität Kassel):
„Helfen in der Welt“ - Strategien, Akteure und Praktiken bundesdeutscher Entwicklungszusammenarbeit
Prof. Dr. Jörg Requate (Universität Kassel):
Friedliche Zeiten? Transnationale Perspektiven auf die Entwicklung der politischen Gewalt in der Bundesrepublik

11:00-11:30 Uhr Kaffeepause

11:30-13:30 Uhr Panel 4: Umwelt- und Energiegeschichte
Prof. Dr. Elke Seefried (Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen):
Unter dem Banner der Nachhaltigkeit: Deutsches Selbstverständnis und Umweltpolitik zwischen Bonner und Berliner Republik
PD Dr. Henning Türk (VR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte Bonn): Energiesicherheit in der „Dekade der Energiepolitik“ (1973-1985)
Prof. Dr. Frank Uekötter (Ruhr-Universität Bochum):
Alles eine Frage des Timings: Aufstieg und Niedergang eines grünen Musterlands

13:30-14:00 Uhr Imbiss

14:00-16:00 Uhr Panel 5: Die alte Bundesrepublik im internationalen Vergleich
Prof. Dr. Gunilla Budde (Carl von Ossietzky Universität
Oldenburg):
Emanzipierte Gesellschaften? Frauen in der Bundesrepublik und der DDR
Prof Dr. Sonja Levsen (Eberhard Karls Universität Tübingen):
Vom Potenzial des vermeintlich Bekannten. Deutsch-französische Perspektiven auf die Geschichte der Bundesrepublik
Prof Dr. Bernhard Rieger (Universität Leiden)
"Won the War, Lost the Peace?": Britische Blicke auf die Nachkriegszeit

16:00-17:00 Uhr Abschluss der Tagung

Kontakt

Um Anmeldung wird gebeten bis zum 2.April 2024

Karin Ramscheid, Sekretariat Prof. Dr. Friedrich Kießling, karin.ramscheid@uni-bonn.de, Tel.: 0228-73-5370

https://www.igw.uni-bonn.de/de/institut/neuzeit/lehrstuhl-kiessling/alle-veranstaltungen/tagung-das-war-die-bonner-republik
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